DAS MEER AM MORGEN

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Obwohl ursprünglich das NS-Kriegs-Drama DAS MEER AM MORGEN (Originaltitel: LA MER À L’AUBE)  nur für das TV-Programm produziert wurde, feierte der Film, der das Schicksal von Frankreichs Nationalikone Guy Môquet beleuchtet, mit überwältigender Resonanz auf der Berlinale 2012 seine Deutschland-Premiere.

Inhalt

DAS MEER AM MORGEN

Das Drehbuch zum Weltkriegs-Drama DAS MEER AM MORGEN, das Schlöndorff (u.a. DIE BLECHTROMMEL HOMO FABER) neben der Regie selbst erarbeitete, basiert auf Dokumenten und Briefen des erst kürzlich entdeckten Berichts von Ernst Jünger.

Weiterhin beinhaltet es Auszüge einer Erzählung von Heinrich Böll („Das Vermächtnis“), in der Böll, Literatur-Nobelpreisträger und nicht unumstrittener deutsche Schriftsteller der Nachkriegszeit, seine Erlebnisse als Soldat in Frankreich schildert. Den Soundtrack zum Film komponierte Bruno Coulais, der durch DIE KINDER DES MONSIEUR MATHIEU weltbekannt wurde.

Die tragische Geschichte ereignet sich an einem sonnigen Oktobertag 1941 im besetzten Frankreich. Ein deutscher Offizier wird in Nantes auf offener Straße erschossen. Hitler reagiert cholerisch und verlangt als Vergeltungsstrategie die sofortige Erschießung von 150 Franzosen. Bis dato lebten die deutschen Truppen „wie Gott in Frankreich“, doch mit dieser Maßnahme, darüber sind sich zumindest die vor Ort stationierten Wehrmachtsangehörigen einig, wird es im Anschluss nie wieder so werden wie es einmal war.

VOLKER SCHLÖNDOFF

„Fast jeden Moment in dem Film kann ich belegen“, sagte der 72jährige Regisseur und Oscar-Preisträger Volker Schlöndorff gegenüber der Presse. „Das heißt aber nicht, dass der Film DAS MEER AM MORGEN gänzlich authentisch wäre…!

Wohl ein Grund für diese ehrliche Aussage sind Schlöndorffs eigene, biografische Parallelen. Er war erst selbst so alt wie Guy Môquet, als er nach Frankreich kam. Und der Regisseur fühlt sich seither und nach seiner Aussage wie ein „halber Franzose“: Volker Schlöndorff machte sein Abitur in Paris, studierte dort Jura und begann auch seine Kino-Laufbahn als Assistent von Louis Malle.

Guy Môquet

In Frankreich gilt Guy Môquet’s Mut zum Widerstand faktisch gleichbedeutend zu dem von Sophie Scholl. Auf eine direkte Anweisung von Frankreichs Staatspräsident Nicolas Sarkozy wird alljährlich an Gys’s Todestag sein Abschiedsbrief an allen Schulen verlesen und auch eine Pariser Métro- Station ist nach ihm benannt.

DAS MEER AM MORGEN, Filmkritik

Der Film schildert auf diesen drei Ebenen den zeitlichen Verlauf der schrecklichen Geschichte um den frühen Tod des jungen und sportbegeisterten Guy Môquet bzw. dem seiner Kameraden: Was schreibt man in seinen Abschiedsbrief, wenn man nur noch eine Stunde Zeit hat? Was sind die letzten Gedanken, bevor man unschuldig hingerichtet wird?

Besonders das letzte Drittel des Films erzeugt beim Zuschauer große Beklommenheit. Darin wird die Erschießung von 27 Franzosen in drei Gruppen gezeigt. Immer die gleichen Kommandos, denen das Durchladen, die Schüsse, das Zusammensacken der Körper und der finale Kopfschuss folgen.

Bilder, die so nur schwer auszuhalten – aber trotzdem wichtig gegen das Vergessen sind!

Und selbst wenn einige vielleicht inzwischen stöhnen: „…was, der nächste Film über die NS-Zeit – hört das nie auf?“, da kann ich nur sagen: „Nein…das darf nicht aufhören, es ist ein Teil unserer Geschichte die jeden direkt oder indirekt betrifft!!“

DAS MEER AM MORGEN, Filminhalt

Foto: PROVOBIS FILM

Drei Hauptfiguren, drei Biografien, die sich zufällig kreuzen: Da ist zum einen der 17-jährige Guy Môquet (Léo Paul Salmain, u.a. GLÜCK AUF UMWEGEN), der in der Bretagne in einem Lager inhaftiert wird, weil er mit Flugblättern (die Guy in einem Pariser Kino verteilte) etwas gegen die Besatzung unternehmen wollte.

Im Hotel Majestic, dem deutschen Militärhauptquartier in Paris, wird der Schriftsteller und Hauptmann Ernst Jünger (Ulrich Matthes, u.a. NOVEMBERKIND) von seinem Chef, General Otto von Stülpnagel (André Jung) beauftragt, „etwas Literarisches“ über die bevorstehende Vergeltungsmaßnahme zu schreiben. Und Ernst Jünger wird einer von denen sein, welche die Geiseln aussuchen müssen.

Foto: PROVOBIS FILM

Obwohl der Hauptmann die Hinrichtungen im Vorfeld als „barbarisch“ verurteilt, schwärmt er später vom „mannhaften Mut“, mit dem die Gefangenen in den Tod gegangen sind.

Und am Atlantikwall wird ein junger, deutscher Soldat, ein aufstrebender Schriftsteller mit großer Hornbrille Namens Heinrich Böll (Jacob Matschenz, u.a. DIE WELLE) zum Übungsschießen mit dem Karabiner auf „Pappkameraden“ verdonnert. Die Tragik des Geschichtsverlaufs: Böll weiß zu diesem Zeitpunkt noch nicht, dass er kurz darauf auf die Geiseln anlegen wird…


Studio / Verleih / Bild-und Textnachweis: arte France, PROVOBIS FILM München, festival-blog.abendblatt.de

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