Das Drama BIUTIFUL: Der mexikanische Regisseur Alejandro González Inárritu blickt erneut tief in das Elend der menschlichen Existenz und Javier Bardem, in der Titelrolle des zum Tode Verdammten, spielt ebenfalls wieder überragend seinen Part (siehe die Filmkritik).
Inhalt
Alejandro González Inárritu
Der mexikanische Filmregisseur, Drehbuchautor und Filmproduzent González Inárritu brachte im Milleniumsjahr mit dem Drama AMORES PERROS seinen Debütspielfilm in die Kinos. Bereits dieser Film, nur in spanischer Originalsprache, wurde von der Mehrzahl der Kritiker als filmisches Highlight gefeiert. Was folgte waren viele Auszeichnungen und AMORES PERROS bekam in der Kategorie „Bester fremdsprachiger Film“ sogar die Nominierung für den begehrten Oscar. Mit der höchsten Wertschätzung als Rückhalt und dem grandiosen Auftakt zu einer vielversprechenden Karriere, gelang dem Regieausnahmetalent Inárritu somit spielend und auf Anhieb der Sprung nach Hollywood – in die oberste Liga der Filmschaffenden.
Im Verlaufe des Kinojahrs 2002 präsentierte der Mexikaner mit 21 GRAMM dann auch seinen ersten, englischsprachigen Film. Das sehr anspruchsvolle, raffiniert verwobene und erneute Meisterwerk mit Sean Penn, Benicio Del Toro sowie Naomi Watts in den Hauptrollen, welches die Wertigkeit von Gefühlen, die Machtlosigkeit des Menschen bezüglich seines Schicksals und den Umgang mit dem unumgänglichen Tod zum Inhalt hat, schrieb nicht nur aus meiner Sicht Kinogeschichte. 2006 folgte das Episodenfilm-Drama BABEL. Inarritu vollendete mit diesem Film die Trilogie zum Thema Gewalt, Tod und menschliche Abgründe.
BIUTIFUL
Im März 2011 brachte der Filmemacher ein weiteres Werk, das Drama BIUTIFUL auch in Deutschland auf die große Leinwand. Der Film gilt unter Kritikern als sein bisher intimster Film, der etwas im Gegensatz zu AMORES PERROS, 21 GRAMM bzw. BABEL steht. Inarritu setzt diesmal den Fokus auf nur eine Person, stopft jedoch das Melodram mit Inhalten voll. Und – BIUTIFUL zielt punktgenau in die Magengrube des Zuschauers: Die Inszenierung ist wirklich schwer zu ertragen, aber erneut brillant umgesetzt. Als Begründung für die in gewisser Weise stilistische Kehrtwende gab der Regisseur im Vorfeld bekannt: „Nach BABEL war ich so erschöpft, dass ich mehr im Spaß gesagt habe, mein nächster Film wird ein sehr Kleiner werden, nur einen Charakter haben und in einer einzigen Stadt spielen“.
Gesagt getan, und so fehlt in BIUTIFUL tatsächlich die üppig verzweigte und verschachtelte Erzählweise, die als breit angelegte Epik seine bisherigen Filme begleitete. Nichts desto trotz verfügt auch das schwermütig-wuchtige Meisterwerk über die unverkennbar Handschrift von Inárritu.
BIUTIFUL, Filmkritik
Regisseur Alejandro González Inárritu lässt bis zum Ende des Films den Zuschauer im Unklaren, liefert keine Erklärungen darüber, warum Uxbal diese Art von Existenz leben muß. So bleibt es dem Auge des Betrachter überlassen, sich die Umstände auszumalen, die den Protagonisten dorthin gebracht haben. Und Oscarpreisträger Javier Bardem (DIE LIEBE IN DEN ZEITEN DER CHOLERA) überzeugt in dieser Rolle, wie gewohnt, mit einer außergewöhnlichen Leistung. Geradezu überragend, herzzerreißend spielt er das Porträt eines zum Untergang Verdammten.
Atmosphärisch dicht und gleichermaßen überzeugend ist der treibende Soundtrack in BIUTIFUL, den erneut Gustavo Santaollala geschrieben hat. Ob orchestrale Klänge oder eine einfacher Gitarrenriff – es wird die volle Brandbreite an musikalischen Ausdrucksmitteln genutzt. Ein besonderes Achtungszeichen geht auch an Kameramann Rodrigo Prieto (u.a. BROKEBACK MOUNTAIN). Er fängt das urbane Unterschicht-Barcelona in all seinem Elend und Dreck mit fantastischen Licht/Schatten-Effekten ein. Der Einsatz eines Blaufilters lässt den Film zwar düster, aber damit ungemein glaubhaft(er) erscheinen.
Kurzum: Wer eine stabile Psyche mitbringt, den wird die grandiose Inszenierung von knapp zweieinhalb Stunden begeistern – ja selbst dann, wenn die oft brutalen, emotionalen Tiefschläge wenig „beautiful“ sind und das Letzte vom Zuschauer abverlangen.
BIUTIFUL, Filminhalt
Uxbal (Javier Bardem, u.a. NO COUNTRY FOR OLD MAN, THE COUNSELOR), ein zweifacher Familienvater, wohnt getrennt von seiner Frau jedoch mit den Kindern in Barcelonas Multikulti-Viertel El Raval. Es ist ein Schmelztiegel verschiedenster Nationalitäten und Kulturen. Hier leben bzw. überleben, weit abseits des touristischen Trubels der Kulturmetropole Kataloniens bzw. ständig im Visier der Polizei, Chinesen, Afrikaner, Inder sowie Osteuropäer mehr schlecht als recht zusammen.
Und Uxbal ist ein aufrechter, ein guter Mensch. Nur bei der Wahl seiner Methoden der Geldbeschaffung hat er genauso wie seine ausländischen Konkurrenten keine wirkliche Alternativen und scheut deshalb auch nicht den Weg des Illegalen. Viel schlimmer hingegen die Tatsache: Uxbal ist totsterbenskrank – er hat Prostata-Krebs im Endstadium. In ärmlichen Verhältnissen aufgewachsen, führt Uxbal still und machtlos einen kräftezehrenden täglichen Kampf gegen den schleichenden Tod.
Seine mal manisch-depressive und dann wieder hyperaktive Ex-Frau Marambra (Maricel Álvarez, MARAMBA), der das Sorgerecht für die Kinder entzogen wurde, versucht indes ständig, ihn davon zu überzeugen, dass sie weiterhin zusammengehören. Obwohl diese Versuche jedesmal in einer Katastrophe enden und die Krankheit ihm das Leben zur Hölle macht, kümmert er sich trotzdem liebe-und aufopferungsvoll um seine beiden Kinder Ana (Hanna Bouchaib) und Mateo (Guillermo Esterella) sowie weiterhin um seine psychisch kranke Frau.
Als sein Leiden sich dem Ende nähert, fällt es ihm jedoch zunehmend schwerer, alles unter Kontrolle zu halten. Gezeichnet und ausgezehrt versucht Uxbal in den letzten Tagen seines Lebens noch jene Dinge zu regeln und zu ordnen, die für ihn wichtig sind. Dazu gehört auch, dass er zumindest indirekt, den Tod von fünfundzwanzig, chinesischen Illegalen mit zu verantworten hat…
Studio / Verleih / Bild-und Textnachweis: Prokino Filmverleih (Fox) BIUTIFUL,
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